Technik

Zu meiner Spieltechnik bin ich oft belächelt worden. Über die Jahre habe ich diese immer weiterentwickelt und verschiedene Stadien durchlaufen. Wobei sich die Haltung meiner Hand nie geändert hat, weil diese sich für mich natürlich und frei anfühlt. Ich finde, es ist wichtig, auch über den Tellerrand hinaus zu schauen und selbst unkonventionelle Wege zu beschreiten. Nichts ist in Stein gemeiselt. Nicht die Haltung der Hand, der Anschlag der Saiten, oder wie lange die Fingernägel der Spielhand sind.

Und genau hier habe ich eine immense Veränderung durchlaufen. Anfangs habe ich aufgrund meiner beruflichen Situation keine Fingernägel ausbilden können – also musste ich mit den nackten Fingern spielen – klassisch und elektrisch. Die kleinen Plastikplättchen habe ich sowieso immer verloren oder sind mir aus den Fingern gerutscht. Also musste ich handeln. Ergebnis war eine, sagen wir mal, nicht ganz schulkonforme Spielweise, die mir aber alles ermöglicht hat was ich wollte: wechseln von Akkorden zu Läufen oder auch mal ganz einfach nur die Gitarre spielen in all ihren Facetten.

Später hatte ich an der Spielhand Gelnägel. Dafür wurde ich nicht nur einmal schräg angesehen. Aber was tut man nicht alles für die Musik. Der Vorteil der Gelnägel mit Glasfaserverstärkung lag klar auf der Hand: Sehr bestimmtes Spiel mit klaren, definierten Tönen und Ausdruck. Ich war begeistert. Bis zu dem Tag vor 4 Jahren, als das Nagelstudio meines Vertrauens endgültig geschlossen hat und ich zu einem anderen Studio ausweichen musste. Dort hat man mir meine Nägel quasi zerstört und es dauerte fast zwei Jahre bis ich wieder einigermassen normale natürliche Nägel ausbilden konnte. Ein grausames Erlebnis. Aber glücklicherweise konnte ich mich zurück besinnen auf das Spiel ohne Fingernägel und das hat mir über die Zeit geholfen.

Anschliessend wieder mit den Naturnägeln zu spielen hat mir wirklich gefallen, ausser dem lästigen Problem, das sie eben manchmal brechen. Dann spielt man einen Finger auf dem Fleisch und den Rest mit Nägeln. Das ist ehrlich gesagt äusserst anstrengend und klingt nicht sehr schön, aber Kunstnägel kamen mir, aufgrund meiner Erfahrungen, nicht mehr ins Haus.

Die Lösung lag auf dem Tisch: Weg mit den Fingernägeln und zurück zu den Wurzeln. Und das ist heute so. Ich spiele ohne Fingernägel weil es absolut stressfrei ist. Natürlich werden jetzt einige sagen: Das klingt doch nicht! Falsch. Mit der richtigen Technik sind die Töne sogar gefühlt besser als mit Fingernägeln - aber das ist wie bei allem Geschmackssache.

Fakt ist, mit Fingernägeln sind die Töne klarer, aber auch aggressiver und etwas bissiger. Ohne Fingernägel bekommt man einen wärmeren Ton, der trotzdem sehr bestimmt sein kann. Die Lautstärke ist kein Problem. Ohne Fingernägel ist es, mit etwas Übung, genauso laut.

Und das Tremolo? Ja, das geht auch ohne Fingernägel - aber eben mit einer geänderten Handhaltung. Die Handhaltung, wie man sie bei den klassisch ausgebildeten Gitarristen immer wieder sieht, das geht dann eher nicht. Da muss man ein bisschen probieren um die optimale Position zu finden. Wie gesagt: über den Tellerrand schauen.

Da alles im Fluss ist - mal sehen wohin die Reise führt.

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900)